Orthodoxe Kirche Hl. Maria von Ägypten in Tübingen

Berliner Diözese der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchates





18. Sonntag nach Pfingsten

Mk. 8,34 – 9,1

Die Zeit um das Jahr Null, als Christus geboren wurde, war eine sehr bewegte Epoche. Auf der einen Seite stand das jüdische Volk, das hochgespannte messianische Erwartungen hatte und sich nach einer jüdischen Herrschergestalt sehnte mit einer starken charismatischen Ausstrahlung, wie etwa König David. Auf der anderen Seite stand jedoch die römische Besatzungsmacht, die dem jüdischen Volk ein drückendes Joch auferlegte. Kein Wunder, dass es vielerorts zu blutigen Aufständen kam. Der römische Statthalter von Syrien, der berühmte Varus, der später auch gegen die Germanen kämpfte, zog mit seinen Legionen in das jüdische Land ein und unterdrückte den Aufstand brutal. Tausende wurden daraufhin in die Sklaverei verkauft und zweitausend wurden gekreuzigt. Bei diesen Kreuzigungen war es römischer Brauch, dass die Verurteilten, im Augenblick als sie zur Kreuzigung geführt wurden, ihr Kreuz oder einen Teil davon, selbst tragen mussten. Damit wurde allen öffentlich demonstriert, dass sie sich jetzt dem römischen Recht unterworfen hatten. Bei der Kreuzigung des Herrn war es später nicht anders.

Christus wusste also genau, was Ihn erwartete und Er verkündete es jetzt offen seinen Jüngern. Es war zu jener Stunde, als Petrus Ihn auf die Seite nahm und Ihn von diesem Leidensweg abbringen wollte. Christus entgegnete Petrus daraufhin zornig: „Hinweg von Mir, Satan, denn du denkst nicht an die Sache Gottes, sondern die der Menschen!“ (8,33) Um diese energische Ablehnung zu erläutern und sie von seinem persönlichen Schicksal weg auf eine andere Ebene emporzuheben, nannte Christus im Folgenden die Bedingungen seiner Nachfolge, die wir eben im heutigen Evangelium gehört haben: Man müsse sich nämlich selbst verleugnen, sein Kreuz auf sich nehmen und dann Ihm nachfolgen.

Einer, der sich nicht selbst verleugnet und daher dem Herrn nur „von ferne nachfolgte“, war Petrus. Sie entsinnen sich: Als Christus kurz vor der Kreuzigung stand, folgte Ihm Petrus „von ferne“, um zu sehen, wie die Sache ausgehen würde. Für Petrus ging sie schlecht, sehr schlecht aus: Als es darauf ankam, sich zu seinem Herrn zu bekennen, schwor er Stein und Bein, dass er Ihn nicht kenne. Er wollte sein Leben retten und fügte dabei seiner Seele schweren Schaden zu: Er stürzte in tiefe Trauer und Verzweiflung. Man kann also Christus nicht „von ferne“ nachfolgen. Der Herr sagt selbst im Johannesevangelium ganz klar: „Wer Mir dienen will, der folge Mir nach, und wo Ich bin, da soll mein Diener auch sein!“ (Joh. 12,26)

Um dort sein zu können, wo Christus ist, bedarf es jedoch einer tiefen inneren Wandlung. So geschah es auch bei Petrus. Nach der Selbsterkenntnis, dass er eben nicht der tapfere Held ist, der weder Tod noch Teufel scheut – er sagte ja zum Herrn: „Und wenn ich mit Dir sterben müsste, so will ich Dich nicht verleugnen!“ (Matth. 26,35) – erfasste ihn tiefe Reue und er entwickelte sich sogar zum Apostelfürsten und Felsen der Kirche. „Wer Mir nachfolgen will“, sagt Christus, „der verleugne sich selbst!“. Sich selbst verleugnen, das heißt also: Wir müssen uns zuerst selbst erkennen, wir müssen in unser Herz schauen und unserer Leidenschaften bewusst werden. Maximos der Bekenner sagt, dass die Mutter der Leidenschaften die Selbstsucht ist, die leidenschaftliche Verhaftung mit dem Leib. Aus dieser erwachsen die übrigen Leidenschaften, insbesondere die drei Grundleidenschaften: Geldgier, Völlerei und Ehrsucht. Aus diesen sprießen unzüchtige Gedanken, Hochmut, Zorn Neid u.a. Sie fesseln den Geist mit eisernen Ketten an materielle Dinge und lasten wie ein Felsblock auf ihm, wo doch der Geist eigentlich sich wie ein Adler in die Lüfte erheben sollte.

Wenn also Christus sagt, man solle sich selbst verleugnen, so meint Er damit, man solle seine Selbstsucht zurückstoßen und abweisen. Das ist natürlich harte Arbeit an sich selbst. Man kann dem Herrn unmöglich so nachfolgen, wie Er es wünscht, solange man noch an seinen Egoismus gebunden ist, man folgt Ihm dann nur aus der Ferne. Viele meinen zwar, sie würden Christus nachfolgen, doch in ihrer Selbstverliebtheit sind sie so mit geistiger Blindheit geschlagen, dass sie in Wirklichkeit Christus längst aus den Augen verloren haben. Die Kirchengeschichte ist voll solcher Gestalten, die zwar nach außen hin als treue Gefolgsleute Gottes erscheinen, es aber vor Gott nicht sind, ich denke z.B. an die Pharisäer, die sich als die Treuesten der Treuen ansahen, über die aber Christus die Weheklagen ausrief.

Damals, als Petrus den verhöhnten, blutüberströmten Christus verleugnete, war er noch zu sehr von seinem „Ego“ eingenommen, in sich selbst verliebt und daher unfähig sich in diesem entscheidenden Moment zum Herrn zu bekennen. Aber so wie er nach bitterer Reue und vielen Tränen von unserem barmherzigen und menschenliebenden Herrn wieder aufgenommen wurde, können auch wir, solange wir leben, umkehren, bereuen und energisch an unseren Leidenschaften arbeiten, um würdige Nachfolger des Herrn zu werden. Diese Nachfolge bedeutet, Mühen und Entbehrungen auf sich zu nehmen, so als ob man ein Kreuz schleppen würde. Wenn Christus sieht, dass wir uns anstrengen, kann es sein, dass Er noch weitere Kräfte in uns wecken will und diese Askese verschärft. Denn unser Leben ist kurz und wir sollen uns so weit wie möglich reinigen.

Seit Karfreitag und Ostern ist das Kreuz nicht mehr Symbol einer politischen Unterwerfung, sondern Symbol der Herrschaft Christi. Und wenn wir wahre Nachfolger des Herrn sein wollen, so sollten wir auch die Worte des hl. Paulus beherzigen und einander auf diesem beschwerlichen Weg beistehen: „Einer trage des anderen Last und erfüllet so das Gesetz Christi.“ (Gal. 6,2)

30.09.2007
Priester Paul Sohnle

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