Orthodoxe Kirche Hl. Maria von Ägypten in Tübingen

Berliner Diözese der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchates





20. Sonntag nach Pfingsten

Lk. 8, 5 – 15

In dem Gleichnis vom Sämann beschreibt der Herr vier Seelenzustände der Menschen. Diese werden durch den Ort charakterisiert, auf den das Samenkorn fällt: Weg, Fels, Dornen, guter Boden.

Der mit „Weg“ bezeichnete Seelenzustand meint die Gleichgültigkeit. Menschen, die sich so verhalten, haben das Wort Gottes zwar gehört, - vielmehr müsste man sagen: „Zur Kenntnis genommen“ – Sie werden aber davon nicht berührt, sie denken nicht darüber nach, sie ändern natürlich auch ihr Leben nicht, sie gehen zur Tagesordnung über, zu dem, was ihnen die Vö-gel, also der Teufel, wie der Herr sagt, gerade vor die Nase stellt. Damit ist das Kapitel „Gott“ für sie zumindest vorläufig erledigt; vielleicht später einmal, wenn sie alt sind, wollen sie sich damit befassen. Solche Menschen befinden sich auf dem breiten Weg, sie verstecken sich unauffällig in der Masse, denken, wie „alle“ denken.

Die mit „Fels“ charakterisierte Veranlagung meint die Leichtfertigkeit. Solche Menschen wollen rasch einen Erfolg sehen. Sobald sich aber Hindernisse, Schwierigkeiten in den Weg stellen, sind sie zu bequem, zu schwach, um standzuhalten. Sobald sie für dir Kirche Opfer bringen sollen und sei es auch nur die Straße zu kehren oder regelmäßig ein paar Euro zu stif-ten, drehen sie sich um und leben, wie sie immer gelebt haben.

Die sich von den „Dornen“ überwuchern lassen, das sind die Ehrgeizigen. Sie engagieren sich mit Leib und Seele im Beruf, im gesellschaftlichen Leben und in ihren Freizeitvergnü-gungen. Möglichst vorne wollen sie sein und überall mitmischen. Von Gott haben sie in ihrer Kindheit wohl gehört, aber das ist so ferne wie die Sterne am Himmel, dafür haben sie jetzt keine Zeit mehr, haben sie doch viel Wichtigeres vor. Sie rechnen auch nicht damit, sterben zu müssen, noch auf dem Totenbett haben sie große Pläne. In den Todesanzeigen wird ihr Hinscheiden als „völlig unerwartet“ und „unbegreiflich“ bemitleidet.

Nur diejenigen, die der Herr mit einem „feinen und guten Herzen“ bezeichnet, kommen ih-rer eigentlichen Lebensbestimmung nach. Und diese Bestimmung ist, das Samenkorn des Gotteswortes in sich aufgehen und wachsen zu lassen, selbst daran zu reifen und die in ihnen keimhaft angelegte Persönlichkeit zu entfalten. Das sind diejenigen, die die Gabe des Heiligen Geistes, die in der Taufe in sie gelegt wurde, nützen, die, wie die Gottesmutter, die Worte Christi im „Herzen bewegen“, also in Geduld darüber nachdenken. Das sind die, die mit ihren Pfunden wuchern, wie es im Gleichnis von den Talenten heißt, und Früchte des Heiligen Geistes hervorbringen.

Denn die eigentliche Bestimmung eines Samenkorns ist zu wachsen. Schauen wir uns ein Weizenkorn an: Es besteht, grob gesprochen, zu neunzig Prozent aus einem nährenden Mehl-körper, einem Keimling und einer Schutzhülle. Genauso ist es mit dem Wort Gottes: Es nährt uns innerlich, es schützt uns gegen die Unbilden des Lebens und es ermöglicht uns geistig zu wachsen, zu wachsen an Glauben und in der Erkenntnis Gottes.

Die Typen, die im Gleichnis mit „Weg“, „Fels“ und „Dornen“ bezeichnet sind, sind also Menschen, die aufgrund ihrer einseitigen charakterlichen Entwicklung entweder direkt von Satan und seinen Dämonen oder durch seine menschlichen Helfershelfer vom rechten Weg abgebracht werden, meist ohne, dass sie es merken, weil sie geistig blind sind.

Jeder von uns trägt ein Stück weit solche Seelenzustände in sich: Gleichgültigkeit und Kälte, Wankelmütigkeit und Oberflächlichkeit, Genusssucht und andere Begierden. Jeder von uns muß nicht nur mit dieser seiner Veranlagung kämpfen, jeder muß sich auch gegen die Angrif-fe Satans zur Wehr setzen. Wir haben die Möglichkeit, vor allem in der Zeit bis zur „Blüte unseres Lebens“ uns zu ändern und uns einen anderen Charakter zu erarbeiten. Das aber er-fordert, wie die Feldarbeit, Schweiß und Mühe.

Diese Bereitschaft zum geistigen Kampf in uns, die Bereitschaft zu wachsen, ist dringend nötig. Denn es gibt neben dem guten Sämann noch einen zweiten, der Ihn nachäfft: „Das Himmelreich gleicht einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte. Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon. Als nun die Saat wuchs und Frucht brachte, da fand sich auch das Unkraut.“ (Matth. 13, 24ff).

Was heißt das? Es gibt Menschen, in denen der Same des „Feindes“ aufgeht. Christus be-zeichnet sie als „Unkraut“. Sie wuchern mitten unter denen, deren Same auf dem guten Bo-den gefallen ist, und versuchen sie zu verdrängen. Es gibt also ein Wachstum zum Bösen hin, das übermächtig werden kann, wie uns die Geschichte lehrt. Zu diesen gehören auch die, die den inneren Kampf für das Reich Gottes aufgegeben haben, also diejenigen, die als „Weg“, „Fels“ und „Dornen“ charakterisiert wurden. Ohne es zu merken, lassen sie die Saat des Bö-sen in sich aufgehen und gleiten immer mehr in die Hände des „Feindes“.

Aber am Ende wird die Erntezeit kommen. In seiner unendlichen Geduld lässt Gott beides zu: Kraut und Unkraut, immer in der Hoffnung, dass das „Unkraut“ sich zur „Nutzpflanze“ wand-le. Uns obliegt es nicht, Gärtner zu spielen und zu versuchen, das Unkraut zu vertilgen. Was dies bewirkt, hat uns die Geschichte oft genug gezeigt: Pogrome, bei denen vermeintlich Böse millionenfach hingeschlachtet werden. Deshalb spricht Christus in diesem Gleichnis ein kate-gorisches „Nein! Damit ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft“ (13,29) Wir sind viel-mehr aufgefordert, das Böse mit Gutem zu überwinden. Zur Zeit der Ernte, am Jüngsten Tag, ist endgültig Schluß. Es kommt zur Trennung, die Sonne wird nicht mehr über Gut und Böse scheinen, das Böse wird verbrannt.

29.10.2006
Priester Paul Sohnle

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